Home

Seite:

2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001

Bericht:

Vertical up Hinterstoder  Skibergsteiger - Diashow  Palmanova-Marathon  Linz-Halbmarathon  Wien-Marathon  Brigittenau  Unirun  Salzburg-Marathon  Frauenlauf  Schafberglauf  Triathlon Stubenberg  Unsere Meisterschaft  Katrin Berglauf  Meisterin Sherri  Grossglockner  Loseralmlauf  Berglaufmeisterschaft  Roberts Doppeltriathlon  Malonno  Sommerlaufcup  Kärnten läuft  Kopenhagen HM  Ein Meeting  Wachau  Poysdorfer Winzerlauf  Kahlenberg  Bad Radkersburg  Klosterneuburg  Silvesterlauf  Gesammelte Ergebnisse 
PizTriVertical Malonno (I) 4.8.

PizTriVertical Malonno (I) 4.8.

Kein Wochenende vergeht momentan ohne Gipfelsturm, und da diesen Samstag die 2. Station des Berglaufweltcups auf dem Programm stand, packten wir unsere Sachen und machten uns auf eine diesmal sehr weite Reise: Hatte sich unsere Begeisterung und Freude an der Teilnahme am Megaevent und „Mythos“ Großglocknerlauf, der 1. Sation des Weltcups, einigermaßen in Grenzen gehalten, so war die Vorfreude auf das bevorstehende Rennen in Italien umso größer. In Malonno, das zwischen Bergamo und Brescia liegt, wurde der italienische Berglauf quasi erfunden und gilt dort, so wie in der ganzen Region als Volkssport. Die Bergläufer werden verehrt und gefeiert, auch wenn sie, wie Andrea, keine Italiener sind. Nirgendwo (und schon gar nicht in Österreich) wird sie derart respektiert, geschätzt und gefeiert, überall wird sie auf der Straße erkannt, will man Fotos von ihr machen, freut man sich, dass sie da ist. In den Vorankündigungen und Berichten wird „la Mayr“ sogar als „die Kaiserin“ bezeichnet!

So nahmen wir also die weite Fahrt bei bis zu 38 Grad Hitze in unserem klimaanlagenlosen Auto hochmotiviert in Angriff, obwohl wir am Freitag erst gegen 12 Uhr Mittag starten konnten, weil Andrea nicht früher aus dem Dienst im Spital gehen konnte. Sie hatte zuvor noch eine Hüftprothese einbauen müssen und da kann man halt nicht mittendrin aufhören…

Nach etwa 5 Stunden Fahrt machten wir eine kurze Pause auf einem Rastpaltz an der Straße. Als ich zurückschob, um ordentlich einzuparken, stieß ich mit dem rechten Hinterreifen gegen den Randstein. Es gab einen lauten Knall und sofort war mir klar, dass sich unsere Anreise deutlich verzögern wurde: ich war exakt auf die Spitze eines abgebrochenen Randsteins gefahren, was einen kapitalen Reifenplatzer zur Folge hatte. 3 der 5 Radmuttern konnten wir mit dem mickrigen Radmutternschlüssel aus dem Bordwerkzeug noch lösen, für die beiden wirklich fest angezogenen reichte der aber nicht mehr aus. Also versuchten wir, ein Auto anzuhalten und hatten Riesenglück: Nach wenigen Minuten blieb ein Einheimischer stehen, der mich in seinem Auto bis zu einer großen Reifenwerkstatt im nur 3 km entfernten nächsten Ort mitnahm, der Besitzer der Werkstatt fuhr höchstpersönlich mit seinem Auto und einem ordentlichen Schlüssel wieder zurück, montierte mit uns den Ersatzreifen, dirigierte uns dann zu seiner Werkstätte, wo er einen gleichartigen gebrauchten Reifen in seinem Lager suchte, statt des geplatzten auf die Felge montierte und so unser Auto wieder in den Zustand vor meinem missglückten Einparkmanöver versetzte! Für die ganze Arbeit verlangte er schlussendlich nur 15 Euro! Über so viel Hlfsbereitschaft und Glück im Unglück konnten wir nur staunen und setzten so unsere Fahrt mit nur einer knappen Stunde Verzögerung fort.

Gegen 7 Uhr Abend kamen wir in Malonno an, gingen noch ein wenig auslaufen und nahmen ein angenehm abkühlendes Bad im Fluss.

Am nächsten Morgen brachte uns der Shuttlebus zunächst zum Startort, einem kleinen Dorf auf 822 Meter Seehöhe oberhalb von Malonno. Das Damenrennen wurde zuerst um 10.30 Uhr gestartet, und es war sehr gut besetzt: Neben Andrea waren die besten italienischen Bergläuferinnen am Start, 2 Britinnen und Purity Gitonga aus Kenia, die 2. des Großglocknerlaufs. Ich war dann mit den restlichen Männern eine halbe Stunde später dran. Am Start war es schon sehr heiß, ich konnte Andrea noch auf den ersten 3 Minuten zuschauen und anfeuern und sah, dass sie gleich die Initiative ergriff und sich schon ein wenig von den Gegnerinnen absetzte. Die Strecke begann gleich fürchterlich steil und wurde eigentlich nie mehr wirklich flach: Kein Wunder, denn ein Verticalrennen, hier als „KV“ (kilometro verticale) ausgetragen, geht über exakt 1.000 Höhenmeter bei nur etwa 3,5 km Länge. Da kommt schon eine ordentliche Steigung zusammen. Technisch waren die steilen Wege auch nicht einfach zu laufen, und immer wieder ging es über schräge, sehr holprige und löchrige Wiesen. Gelegenheit zum Erholen gab es so gut wie gar nicht, mit Ausnahme eines knapp 100 Meter langen Flachstücks kurz vor der Hälfte. Andrea hatte sich aber trotzdem (oder gerade deswegen) schon bald von allen anderen abgesetzt und nach 2/3 des Rennens bereits einen Vorsprung von 2:40 min!

Als der Startschuss für mich fiel, lagen nur noch 8 Minuten, als knapp 200 Höhenmeter, vor Andrea. Ich begann vorsichtig und war gleich mal ziemlich weit hinten. Da der Berglauf hier nun mal Volkssport ist, gibt es so gut wie keine wirklich schwachen oder langsamen Läufer und auch keine „Event- und Erlebnissportler“ (übrigens: das Startgeld betrug, wenn man auf das Starterpackage verzichtete, 5 Euro, sonst 10). Langsam konnte ich mich ein wenig vorarbeiten, war aber schon nach wenigen Minuten am Limit und im roten Bereich. Das geht aber bei einer so steilen Strecke gar nicht anders. Jedes Überholmanöver kostete enorm viel Kraft, aber es musste einfach immer weiter gehen. Das Problem mit den Überholmanövern hatte derweil Andrea nicht, da hat sie die bessere Taktik: Einfach vorneweg und die Position nicht mehr hergeben! Werd ich nächstes Mal auch versuchen!

Während Andreas Verfolgerinnen um die Platzierungen kämpften, erreichte sie bereits den Schlussanstieg, von den Italienern ehrfurchtsvoll als „il leggendario muro finale“ bezeichnet. Da stellt sich wahrlich eine Mauer auf, denn die unebene Almwiese hat zum Schluss eine Steigung von 50%! Andrea war nahezu die Einzige, die diesen Abschnitt aufrecht laufen konnte! Nach 38:11 min passierte sie den Zielbogen auf der malga (=Alm) Campel und pulverisierte damit den bisherigen Streckenrekord um zweieinhalb Minuten! Riesig war die Begeisterung der zahlreichen Zuschauer auf der Alm in 1.822 Meter Höhe, Andrea wurde frenetisch gefeiert, obwohl sie die beliebte Lokalmatadorin und Heldin Valentina Belotti deutlich abgehängt und auf Platz 2 verwiesen hatte. 4:38 min musste Andrea auf Valentina im Ziel warten!

Als Valentina ins Ziel kam, hatte ich die ersten 250 Höhenmeter hinter mir. Ich hatte mich, wie die meisten anderen um mich, hauptsächlich aufs Gehen verlegt und setzte nur gelegentlich noch ein paar Laufschritte dazwischen. Etwa in der Mitte des Feldes schraubte ich mich mit einem Kilometerschnitt von über 14 Minuten (das sind heiße 4,2 km/h) nach oben. Auf den letzten 150 Höhenmetern kam mir Andrea entgegen. Ihren Anweisungen: „große Schritte!“, „schneller!“, „nicht überholen lassen!“ konnte ich wegen akuten Kräftemangels nicht mehr befolgen. Auf dem Schlussanstieg nutzte mir auch die Krabbeltechnik nichts mehr, ich konnte kaum noch einen vernünftigen Schritt setzen und taumelte und rutschte durch die Gegend. Wieder verlor ich auf den letzten Sekunden noch einige Plätze, dummerweise auch ganz knapp den 3. Platz in meiner AK. Nach 49:21 min kroch ich endlich als 49. von 95 Startern ins Ziel. Von den 28 Frauen aus dem ersten Rennen waren 9 schneller als ich.

Im Zielgelände war alles für ein großes Fest vorbereitet, Essen und Getränke aufgetischt, sogar Weinflaschen standen auf den Tischen. Leider konnten wir dieses Angebot nicht nützen, da Andrea sofort nach der flower ceremony zur Dopingkontrolle nach unten musste. Mit dem Auto wurden wir also über die holprige steile Forststraße leider zu früh schon nach unten gebracht. So konnten wir die tolle Aussicht nur ganz kurz genießen. Das hätten wir übrigens in Anbetracht des uns vom Veranstalter zur Verfügung gestellten Hotelzimmers gerne länger getan: dieses erwies sich nämlich als ausgesprochen aussichtslos, blickte man doch vom einzigen Fenster direkt auf eine knapp 2 Meter entfernte dunkelgraue Betonwand, sodass es auch untertags im Zimmer stockdunkel war…

Nach der Dopingkontrolle machten wir noch einen Spaziergang am Fluss Oglio (statt des Auslaufens) und kühlten uns noch einmal am Wasserfall ab. Es war ja immer noch extrem heiß.

Am Abend stieg dann im Ort eine riesige Siegerehrung, hier wurde noch einmal die unglaubliche Berglaufbegeisterung in dieser Region spürbar: Mindestens 1.000 Zuschauer feierten die Athleten und es gab eine große Party. Andrea bekam ihre Preise und nach Pizza, Berglaufbier (gab es wirklich!) und Eis fielen wir todmüde ins Bett. Am nächsten Morgen liefen wir noch ein paar km am Fluss entlang, frühstückten und machten uns dann auf die nicht ganz so lange Heimreise: Denn diesmal haben alle 4 Reifen gehalten.

Andreas Zieleinlauf im Video: https://www.youtube.com/watch?v=JWSlyDq_lbU