Sturm auf den Keine-Sorgen-Turm 7.6.
Andi berichtet:
Stürmische Zeiten im Moment: Nach dem Kulm vor 2 Wochen wollte nun der aus
der Überschrift ersichtliche Holzturm in der Linzer Innenstadt erstürmt
werden. Ich war überrascht, dass es in Linz überhaupt einen Turm von
nennenswerter Höhe gibt und erfuhr, dass dieser Turm in Form einer
Aussichtswarte als Teil einer großen Kunstinstallation mitten im Zentrum
von Linz erst vor wenigen Jahren aufgestellt wurde.
Vom internationalen Treppenlauf-Verband wurde dieser Bewerb als
„Weltcup“-Rennen groß aufgezogen - die weltbesten Spezialisten waren am
Start. Im Gegensatz zu ähnlichen Bewerben wie dem Lauf auf die Flugschanze
am Kulm oder etwa dem Donauturmlauf (den es übrigens nach langer Pause am
20.6. wieder gibt) wartete hier auf die Athleten eine ganz besondere
Aufgabe: Bei einer Laufzeit von nur ca. 1:30 Minuten und zahlreichen kurzen
Treppenabsätzen, 180-Grad-Kurven im ersten Streckenteil, der durch ein
Gebäude führt, Holzbrücken und dann 10 Treppenabsätzen à 16 Stufen outdoor
bis zur obersten Plattform waren weniger Ausdauer als vielmehr extreme
Schnelligkeit, Geschicklichkeit und gute Koordination gefragt. Diese
Voraussetzungen schien bei den Damen vor allem eine tschechische
Treppenlaufspezialistin, die gleichzeitig eine hervorragende 800- und
400-Meter-Hürden-Läuferin ist, mitzubringen.
Bei einer kurzen Streckenbesichtigung konnten wir uns vorab noch schnell
ein Bild vom Kurs machen, etwas später ging es dann für mich bereits los.
Ich startete so schnell ich konnte, denn taktieren durfte man bei der
kurzen Strecke am Anfang nicht. Fast wie im Zeitraffer kamen die einzelnen
Streckenteile auf mich zu - da ein kurzer Treppenabsatz, dort eine
Linkskurve, eine 180-Grad-Wende, eine längere Stiege, ein Flachstück durch
einen Saal, dann eine Holztreppe, ein Holzsteg, 3 Stufen, ein Eck nach
links, eines nach rechts, wieder Stufen, der Ausgang ins Freie, eine
Holzrampe (all das in dieser oder ähnlicher Reihenfolge...) - und plötzlich
stand da schon der Holzturm! Obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, die nun
folgenden 10 Treppenabsätze herunterzuzählen, gelang mir das in der
Hektik nicht und ich verlor ein bisschen die Übersicht. So gut es ging,
versuchte ich, auf den kurzen Stücken zwischen den Podesten zu
beschleunigen und mich mit den Händen am Geländer hochzuziehen. Irgendwann
dann - fast überraschend - auf einmal viele Menschen, eine schwarze Matte
und, obwohl schon fix und fertig, die etwas dumme Frage von mir: „Bin ich
schon da??“, nachdem ich noch eine halbe Ehrenrunde zuviel auf der
Aussichtsplattform gedreht hatte. Aber es gab keine weitere Stiege mehr,
sondern nur einen tollen Blick über Linz und meine Nettozeit von 1:44
Minuten. Da hatte ich schon einigen Rückstand auf die bisher Besten, aber
die Elitefelder der Damen und Herren sollten noch kommen.
Schnell lief ich nach unten, um Andrea, die in etwas mehr als einer halben
Stunde an der Reihe war, die letzten Tipps zu geben: Nur nicht den Anfang
verschlafen, das wäre die größte Gefahr, volle Pulle ohne Rücksicht von
Beginn an und kämpfen um jede Sekunde!
Dann war es schon soweit. Die besten Damen waren gelaufen und hatte Zeiten
von 1:40 bis 1:47 min erreicht. 3 Minuten vor Andrea lief als Vorletzte die
Tschechin los und legte eine deutliche Bestzeit hin: 1:33 Minuten! Dann
sprintete Andrea schon weg unter dem Jubel der zahlreichen Zuschauer, die
den Lauf zum Teil auf einem Bildschirm verfolgen konnten. Ich lief nach
ihrem Start schnell 2 Straßen weiter, wo ich mich direkt unter dem Holzturm
befand und Andrea zuschauen konnte, wie sie aus dem Gebäude herauskam und
auf den Turm zuraste. Laut meiner Stoppuhr schien sie nach knapp 40
Sekunden etwa 2 Sekunden Rückstand zu haben. Ich schrie aus Leibeskräften
(gehört hat sie es aber eh nicht) und Andrea drückte mächtig auf die Tube.
Ohne das Geländer zu benützen, stürmte sie die Holztreppen hinauf - noch 3
Absätze, noch 2, noch 1 - es wurde ganz knapp! Nach kurzem, bangen Warten
auf das offizielle Ergebnis war es klar: Sie hatte es doch noch geschafft,
aber mit welchem Abstand! Nur 0,9 Sekunden trennten sie von der
zweitplatzierten Tschechin - dank eines tollen Finales und auch mit dem
notwendigen Glück ist es sich ausgegangen: Andrea bleibt im Treppenlauf
nach wie vor unbesiegt!
Gleich nach der Rückkehr ins Startgelände, einem kurzen Siegerinterview,
einer Blitzdusche und einer vorgezogenen Siegerehrung für Andrea eilten wir
zur Straßenbahn Richtung Bahnhof, da nur 1 Stunde nach Andreas Start auf
den Turm schon ein Zug Richtung Vorarlberg abfuhr, wo Andrea auf die Jagd
nach dem 2. Weltcupsieg dieses Wochenendes gehen wollte, beim
Muttersberglauf in Bludenz. Während noch die letzten Männer des Eliteblocks
auf den Linzer Turm losgelassen wurden (der Sieger benötigte für die
Erstürmung übrigens kaum vorstellbare 1:11 Minuten!), setzte sich unser Zug
kurz vor 7 Uhr Abends in Bewegung.
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