Andi berichtet:
Jeder kennt sie, die Kitzbüheler Streif, zumindest von der Wohnzimmercouch
aus haben wir schon unzählige Male auf dem Fernsehschirm die
Schlüsselstellen studiert, die von den besten Abfahrern in weniger als 2
Minuten bewältigt werden.
Von oben nach unten natürlich. Immer schon wollten wir aber wissen, wie
lange es wohl dauert, die Strecke vom Zielgelände über den Zielschuss, die
Traverse, Hausbergkante, Oberhausberg, Lärchenschuss, Seidlalm, Alte
Schneise, Brückenschuss, Steilhang-Ausfahrt, Steilhang, Mausefalle und
Startschuss von unten nach oben zu absolvieren.
Gelegenheit dazu bot am Samstag Abend das Streif Vertical Up Rennen, bei
dem jede Ausrüstung erlaubt war. Andrea und ich entschieden uns für die
längstmöglichen Spikes (15 mm) und (so wie alle anderen) Schistöcke.
Um 18.30 Uhr ging es los, jeder musste eine Stirnlampe tragen, die
wichtigsten Punkte waren mit Flutlicht beleuchtet. Wegen des bisher überaus
warmen Winters waren die ersten drei Viertel der Strecke ausschließlich mit
Kunstschnee bedeckt, einer Substanz, die an eine Mischung aus Grieskoch und
nassen Styroporkugeln erinnerte. Selbst mit den langen Spikes fanden wir
nur wenig Halt. Weshalb die ersten ca. 80 Läufer mit viel zu hoher
Geschwindigkeit losgerannt waren, wurde uns 5 Minuten später auf der
Traverse klar: hier galt es, auf der stark nach links hängenden, extrem
steilen Piste ganz rechts oben zu laufen, da man wenige Meter daneben im
tiefen Kunstschnee kaum vorankam und sehr leicht abrutschte. Das passierte
leider auch David, der bereits nach wenigen Minuten ausrutschte und etwa
100 Meter die Strecke herunterkullerte. Zum Glück kam er mit einigen
Abschürfungen an den Händen davon, aber das Rennen war für ihn gelaufen und
mit 2 bis 3 Minuten Zeitverlust musste er nun aufholen.
Auf der Traverse bis zum Lärchenschuss mussten wir uns nun in die teilweise
recht langsame Kolonne rechts oben einordnen, Andrea etwas weiter vorne als
ich, und warten, bis die Strecke wieder flacher wurde. Mehrere
Überholversuche meinerseits scheiterten erbärmlich in den hängenden
Grieskoch-Styropor-Dünen.
Nach 20 Minuten überholte mich David zu meinem großen Erstaunen - seinen
Sturz hatte ich nicht mitbekommen. Mit meinen Stecken tauchte ich heftig an
und konnte so meinen Rückstand zu Andrea relativ gering halten. Ihre
Stockspitzen waren sehr stumpf und boten wenig Halt, auch mit den Spikes
rutschte sie mehr als ich. Nach ca. 30 Minuten hatte ich dann doch schon
einige Läufer überholt, als sich die letzte Schlüsselstelle vor mir
aufrichtete: die Mausefalle. Fast senkrecht erschien sie mit ihrem Gefälle
von 85 (!) Prozent. Zum Glück lag hier schon mehr richtiger als künstliche
Schnee und die Piste war ganz hart und griffig. Nach ca. 2/3 verließ mich
aber ein wenig der Mut, der mich bis dahin in der Mitte hinaufsteigen ließ
und ich tastete mich vorsichtig seitwärts zu dem am Rand gespannten Seil,
um mich daran festzuhalten und hinaufzuziehen. Das kostete zwar etwas Zeit,
beruhigte aber enorm. Ein Ausrutscher in der Mausefalle hätte fatale Folgen
gehabt.
Kurz danach hörte ich den Sprecher schon Andreas Zieleinlauf bejubeln.
Trotz der Schwierigkeiten hatte sie die Damenklasse mit 39:41 min überlegen
gewonnen! Sie wurde damit Gesamt-17. Gute zweieinhalb Minuten später kam
ich oben an, die Zeit von 42:19 min reichte für den 37. Platz bei den
Männern und den 39. Gesamt, nachdem mich kurz vor dem Ziel die 2. Frau noch
überholt hatte. David positionierte sich nach einer lockeren
Trainingseinheit zwischen Andrea und mir an 24. Stelle. Ganz vorne waren
die Spezialisten aus der Schibergsteiger-Wettkampfszene mit Zeiten um 34
bis 35 Minuten.
Oben angekommen mussten wir eine halbe Stunde auf unser trockenes Gewand
warten, da ausgerechnet unmittelbar nach dem Start bei der Kleider
transportierenden Hahnenkammbanhn der Strom ausgefallen war.
Bei der Siegerehrung erhielt Andrea nicht nur eine Kitzbüheler Gams und
originelle Kleider aus einer schicken Kitzbüheler Boutique (siehe
Modenschau bei den Fotos) sondern dazu noch einen Sachpreis des
Hauptsponsors, dessen vollständiger Verbrauch eine echte Herausforderung
sein wird: 10 kg allerfeinsten Weißwurstsenf im Großkübel. Unter
Berücksichtigung des Ablaufdatums Oktober 2014 müssen wir ab heute täglich
1 kg Weißwurst vertilgen, um den Kübel leer zu bekommen. Oder gibt es unter
den werten Lesern jemanden, der Interesse an größeren (oder auch kleineren)
Mengen Weißwurstsenf hat? Bei Bedarf bitte bei Andrea, mir oder dem
Vorstand der Falschen Hasen melden!