Red Bull 400 - Sturm auf den Kulm 25.5.
Andi berichtet:
Auch dieses Jahr rief der weltgrößte Flügelverleih wieder zum Surm auf die
weltgrößte Naturflugschanze in Bad Mitterndorf/Tauplitz. Nicht im
entspannten Gleitflug auf Sprungschiern, sondern im angespannten
Laufschritt auf 2 Beinen und bald auf allen Vieren.
Der Stier, in Deutschland auch Bulle genannt, wird im Schwäbischen als
(der) Hummel bezeichnet, was wiederum das Schimpfwort hummeldumm erklärt
(„dumm wie ein Stier“ - Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Hausrind).
Sein österreichischer Verwandter, der darob ganz rot vor Scham wurde,
wollte das nicht auf sich sitzen lassen und stieg flugs in die Getränke-
und Eventindustrie ein. Beides entwickelte sich prächtig und so stellte er
auch heuer wieder ein beeindruckendes Spektakel auf die Beine.
Zunächst die technischen Daten der zu bezwingenden Schanze:
Anlauflänge: 144 m
Anlaufneigung: 35 °
Höhenunterschied: 197 m
Aufsprungneigung: 33-38°
Schanzenrekord: 215,5 m (Gregor Schlierenzauer)
Ihren eigenen Schanzenrekord vom letzten Jahr wollte Andrea angreifen,
musste sich aber noch etwas gedulden, da zunächst die Qualifikationsläufe
der Herren abgespult wurden. Über 420 Teilnehmer hatten sich angemeldet
(weitere 400 mussten abgewiesen werden) und ermittelten in 6 Vorläufen die
70 Finalteilnehmer (nämlich die 6 Laufsieger und die 64 Zeitschnellsten).
Dabei waren „nur“ die ersten ca. 230 der insgesamt 400 Meter bis zum
Schanzentisch zu laufen. Ich war im 6. Vorlauf dran und musste gleich mal
meinen gewohnt schwachen Start ausbessern. Aber schneller geht's einfach
nicht am Anfang, auch wenn das Ganze nur ca. dreieinhalb Minuten dauert.
Irgendwie erkrabbelte ich mir schlussendlich die insgesamt 63. Zeit aller
Vorläufe, was knapp zur Qualifikation für das A-Finale reichte.
Währenddessen bereitete sich Andrea mustergültig abseits vom großen Trubel
in der grünen Wiese auf ihre Turnusarzt-Abschlussprüfung vor, die am
nächsten Tag stattfand. Bis zu ihrem Start waren noch 4 Stunden Zeit. Da
nur 35 Damen antraten, gab es hier keine Qualifikation.
Kurz nach 15 Uhr war es dann für sie soweit. Nach dem Startschuss hefteten
sich 2 oder 3 (über)-mutige Konkurrentinnen an Andreas Fersen und blieben
etwa 100 Meter weit nur knapp hinter ihr. Dort hatte ich mich zum Anfeuern
postiert und ab diesem Zeitpunkt vergrößerte Andrea ihren Vorsprung
deutlich. Nur ganz selten nahm sie die Hände zu Hilfe, während fast alle
anderen (auch die Männer danach) auf die Krabbeltechnik wechselten (siehe
Bilder unten). Nachdem Andrea bei mir vorbei war, beeilte ich mich, über
die Treppen neben dem Aufsprunghügel wieder nach ganz unten zu kommen, denn
mein Start stand kurz bevor.
Auf dem Bildschirm im Startgelände sah ich, wie Andrea, die schon über dem
Vorbau verschwunden war, die Rampe auf den Schanzentisch erklomm und die
dann immer steiler werdende Schanze - nach wie vor - aufrecht
hinaufstürmte. Weit hinter ihr schon die Konkurrentinnen, die sich nur noch
den 2. Platz unter sich ausmachten. Andrea jagte auf den letzten extrem
steilen 100 Metern ihren Streckenrekord aus dem Vorjahr. Ganz knapp wurde
es am Ende - im Ziel fehlten dann nur zweieinhalb Sekunden. Mit 5:37 min
aber hatte sie wieder eine unglaubliche Zeit hingelegt und musste fast eine
ganze Minute auf die Zweitplatzierte warten. Als die oben ankam, hatte
Andrea schon ihr erstes Interview gegeben!
5 Minuten später ertönte für mich und die übrigen 69 Finalteilnehmer der
letzte Startschuss des Tages. Wieder fragte ich mich schon nach 30
Sekunden, warum ich mir das eigentlich antue und ob ich jemals oben
ankommen würde. Die Muskeln brannten, längst war ich auf allen Vieren
unterwegs und der Puls raste. Jeder kleine Fehltritt kostete zusätzlich
Kraft und mit dem Blick augrund der ungewöhnlichen Körperhaltung auf den
Boden geheftet konnte ich zwar jedes Detail der Bodenflora erkennen,
bemerkte aber nur wenig von den Geschehnissen rund um mich herum. Immerhin
sah ich aus dem Augenwinkel, dass doch noch einige Läufer hinter mir waren.
Auf dem Schanzentisch und dem folgenden kurzen relativ flachen Teil des
Absprungs konnte ich mein Vorhaben, mir durch einen Zwischensprint eine
gute Ausgangsposition an dem tiefen Geländer am Rand der Anlaufspur zu
verschaffen, wegen bereits höchstgradiger Erschöpfung nicht verwirklichen.
Prompt fand ich mich hinter einigen Läufern wieder, die den Wimpernschlag
einer Libelle langsamer unterwegs waren als ich. Wie aber überholen, ohne
Geländer bei einer Geschwindigkeitsdifferenz von ca. 0,005 km/h? Ich
versuchte es auf allen Vieren in der Mitte der betonierten Spur. Das
klappte nur kurz und bald musste ich mich wieder am Rand einordnen. Mit
allerletzter Kraft und besorgniserregenden Grimassen zog ich mich am Rand
empor und konnte es auf den letzten 15 Metern nicht verhindern, dass mich
ein paar Konkurrenten mit besseren Kraftreserven am Ende noch
ab“sprinteten“. Mit 6:48 min rettete ich mich als 46. ins Ziel, 1:51 min
hinter dem Sieger und 1:11 langsamer als Andrea (das entspricht etwa meinem
Rückstand auf sie bei einem 10-km Lauf!).
Jedenfalls und trotz (oder wegen?) der Anstrengung war der Lauf auf den
Sprunghügel bei diesem gar nicht hummeldumm organisierten event wieder ein
Erlebnis und kleines Abenteuer, das ich (nicht nur den Masochisten unter
Euch) empfehlen kann.
Ein Erlebnis der besonderen Art für Andrea und mich war der Umstand, dass
wir (zufällig alle beide) mit Fotos aus dem Vorjahr „Plakatmodels“ für die
diesjährige Veranstaltung waren und es überall auf dem Gelände Plakate,
flyer und Werbebroschüren mit unserem Bild zu sehen gab.
Als krönenden Abschluss des Tages gab es noch eine Jause im Gasthof
Neuwirth in Bad Mitterndorf, dem Elternhaus von Song-Contest-Sieger
Conchita Wurst. Siegerinnen unter sich: Andrea mit ihrem 2. Sieg am Kulm im
Gastgarten der (leider nicht anwesenden) Gewinnerin des 2.
Song-Contest-Titels für Österreich. Besser geht es nicht!
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 | Andrea lernt
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