Schlickeralmlauf Telfes, 28.7.
Andi berichtet:
Die Glückwünsche für Andreas fulminanten Sieg und Streckenrekord am
Großglockner waren noch nicht verstummt, da rief schon der nächste Berg:
von Telfes am Anfang des Tiroler Stubaitals aus wollte das Kreuzjoch über
die Schlickeralm bezwungen werde. Nach einer flachen Einführungsrunde von
ca. 1,5 km durch den Ort blieben noch 10 weiter Kilometer für die insgesamt
1.100 Höhenmeter bis zum Gipfel.
Am Vortag liefen Andrea und ich uns bei einem Benefizlauf in Telfes ein,
hier sollten die Teilnehmer möglichst viele 1,2 km - Runden in einer halben
Stunde absolvieren, jede Runde brachte 2 Euro für einen guten Zweck. Je 6
Runden schafften wir, insgesamt kamen 722 Euro zusammen.
Am nächsten Morgen ging dann der richtige Lauf um 10 Uhr los. Schon am
Morgen war es sehr warm, zum Glück verdeckten einige Wolken ab und zu die
Sonne. Nach der recht flotten Einführungsrunde wartete gleich eine steile
Wiese, dann aber bald ein flaches, schattiges Waldstück mit einigen kurzen
Bergabpassagen. So ging es einmal bis km 3, und obwohl ich mich gut fühlte
und für meine Verhältnisse relativ flott gestartet war, konnte ich Andrea
nicht mehr sehen, so weit ich auch nach vorne spähte. Nach der Runde durch
den Ort lag sie noch etwa an 20. Stelle, hatte aber bald ihren Platz unter
den schnellsten 10 eingenommen. Auch in Telfes war neben dem Weltmeister
aus Eritrea wieder ein starkes Team mit kenianischen Läufern am Start.
Diesmal aber machte die stärkste Kenianerin nicht den Fehler, mit dem Mann
aus Eritrea und ihren Landsmännern mitzugehen, sondern blieb knapp hinter
Andrea und ließ sich anfangs nicht abschütteln. Nach 3 km begann ein
langer, sehr steiler Anstieg über einen steinigen Waldweg. Mein anfänglich
gutes Gefühl verließ mich leider sehr früh und sehr schnell und so musste
ich einige Konkurrenten jetzt schon ziehen lassen. Die große Hitze wurde ab
und zu von einem angenehm kühlen Luftzug unterbrochen, als wir einige Male
einen Bach überquerten. Während ich mich so vor mich hinplagte, spielte
Andrea im Steilstück ihre Stärke aus und begann, sich von ihrer Verfolgerin
zu lösen. Die aber gab nicht auf, schloss die bereits entstandene kleine
Lücke und setzte sich neben Andrea. Damit aber hatte sie ihr Pulver
verschossen. Mit einer Tempoerhöhung im immer noch sehr steilen Gelände
machte Andrea klar, dass sie auf weitere Begleitung keinen Wert mehr legte.
Bis zur Zwischenzeit beim Durchgang auf der Schlickeralm, dem Ziel des
kurzen Laufs nach etwas mehr als 40 Minuten, hatte Andrea ihrer Verfolgerin
bereits 1:46 min abgenommen. Gute 6 Minuten und 18 Läufer später kam ich an
dieser Stelle vorbei, ziemlich müde schon, aber es warteten noch weitere
450 Höhenmeter. Vorneweg lief Andrea schon seit einiger Zeit ganz alleine
auf dem 8. Gesamtrang und vergrößerte ihren Vorsprung kontinuierlich. Nach
einer kurzen Passage über eine Lifttrasse folgten schon die letzten 3 km
auf einem Schotterweg über unzählige Serpentinen. Zum Glück war hier die
Steigung relativ gering, denn mir waren die Kraftreserven nun fast völlig
ausgegangen. So war es mir gerade noch möglich, ein halbwegs passables
Tempo bis kurz vor dem Ziel beibehalten. Die letzten 30 Meter allerdings
mussten wir über die extrem steile Holzrampe eines Schilifts absolvieren
und so konnte ich es auch diesmal nicht verhindern, dass ich ganz kurz vor
dem Ziel noch ein letztes Mal überholt wurde. Insgesamt habe ich auf dem 2.
Streckenteil 4 Plätze verloren und kam letztlich als 29 an.
Andrea hingegen lief weiterhin einsam auf dem 8. Gesamtrang, niemand kam
ihr mehr nahe und im Ziel musste sie fast 3 1/2 Minuten auf die Zweite,
Lucy Wambui Murigi und bereits mehr als 7 1/2 Minuten auf die
drittplatzierte Tschechin Silvia Olejarova warten. Mein Rückstand war
leider schon knapp zweistellig.
Vor der Siegerehrung gönnten wir uns noch ein herrlich erfrischendes Bad im
Speichersee unterhalb der Schlickeralm, nachdem wir vorher noch
herausgefunden hatten, dass wir so weit wie ein (echter) Feldhase springen
können (siehe Bilder). Danach erfuhr ich zu meiner freudigen Überraschung,
dass meine 10 1/2 Minuten Rückstand auf Andrea immer noch für einen Sieg in
der Klasse M-45 gereicht hatten.
Andreas Zeit von 1:04:27 wäre jedenfalls deutlicher Streckenrekord gewesen,
allerdings wurde die bisherige Strecke leicht geändert, da auf ihr nächstes
Jahr die Masters-WM im Berglauf stattfinden wird und der heurige Lauf als
Generalprobe diente.
Nun steht die Planung für die nächste große Herausforderung an: noch ist
die Entscheidung nicht gefallen, aber Andrea liebäugelt mit einer Teilnahme
am wohl berühmtesten Berglauf der Welt, dem Jungfrau-Marathon. Wenn die
Arbeit im Krankenhaus bis Ende September genug Zeit für das notwendige
Ausdauertraining lässt, könnte dieser Wunsch in Erfüllung gehen.