Andi berichtet:
Ganz im Süden Österreichs, auf gleicher Höhe etwa wie Bozen weiter im
Westen oder St. Moritz (Andreas Trainingslager-Aufenthalt für die nächsten
5 Wochen) noch etwas weiter in diese Richtung, liegt der Gipfel des
Schwarzen Gupf, der bei den heurigen Berglaufmeisterschaften zu bezwingen
war.
„Schwarzgupf, Schwarzgupf Schicksalsberg, du bist so groß und i bin nur a
Zwerg...“ - mit solchen und ähnlichen Gedanken wurde ich am Sonntag um 6.50
Uhr gewaltsam aus dem Tiefschlaf gerissen. Ich ließ den müden Blick noch
einmal durch unser bemerkenswertes Quartier schweifen, ein Zimmer, das seit
den 1940er Jahren kaum Veränderungen erfahren haben dürfte, und dessen
Einrichtung zu 85% aus unterschiedlich abgenützten Pressspanplattenmöbeln
und -eigenkonstruktionen bestand. Vielleicht ein Grund dafür, dass wir das
gesamte Stockwerk für uns allein hatten. Leider beschränkte sich auch die
unterhaltungselektronische Ausstattung auf lediglich einen Lautsprecher,
dessen abgerissenes Kabel allerdings an keinem Gerät angeschlossen war, was
in Anbetracht des erwarteten Fußball-EM-Spiels sehr bedauerlich war. In der
Gaststube lief zwar ein Fernseher, allerdings nur bis zur Halbzeit - bis
dahin war er von 4 bis 5 mittelschwer betrunkenen Einheimischen belagert,
die die Frage nach dem Spielstand leider nicht beantworten konnten. Etwas
später war die Gaststube dann zugesperrt. Während der 1. Halbzeit
versuchten wir daher, im nahen Ferlach unseren abendlichen Hunger zu
stillen und das Match zu verfolgen, was nur teilweise gelang. Die einzige
noch geöffnete Gaststätte, eine Pizzeria, verfügte über kein TV-Gerät und
der Wirt beschied uns, dass wir um 21:03 Uhr leider nur noch Pizza bekämen,
da um 21:00 Uhr die Küche geschlossen wurde. Das fanden wir schon ein wenig
streng, erhielt ich doch, obwohl mein Rückstand auf Andrea beim Lauf am
nächsten Tag etwa genauso groß war wie unsere Verspätung auf den
Küchenschluss, anstandslos die volle Zielverpflegung.
Während ich also noch so meinen morgendlichen Gedanken nachhing, war Andrea
längst munter: „Aufi muaß i, lasst's mi ziag'n, der Berg, i muaß eam
unterkriagn!” meinte ich zu vernehmen, als es in den (leeren)
Frühstückssaal ging. Größter Pluspunkt hier war, dass die Semmeln überhaupt
nicht bröselten.
Um 9 Uhr kamen wir zum Start. Viele bekannte Gesichter aus der
Berglaufszene hatte Andrea getroffen, und da sie in den letzten Monaten
kaum Bergläufe gemacht hatte, blieb vor lauter Begrüßungen und Fragen kaum
Zeit zum Aufwärmen.
Um 10 Uhr ging's dann zur Sache. 250 Teilnehmer stürmten los. Auf dem
ersten relativ flachen Kilometer sah ich Andrea noch vor mir, ab km 2 wurde
es steiler und ich verlor sie bald aus den Augen. Erst nach dem 3.
Kilometer konnte ich 2 weitere vor mir liegende Frauen überholen. Bis km 5
war es ziemlich steil, aber ich kam gut voran, bei einem Bergabstück von
ca. 400 Metern verlor ich aber einige Zeit auf meine unmittelbaren
Konkurrenten, die ich danach nur mühsam wieder einholte. Dann wurde die
Strecke relativ flach und bis zum Ziel gab es keine starken Anstiege mehr.
Ich konnte noch 2 oder 3 Plätze gut machen und verlor auf den letzten 100
Metern einen Zielsprint um den 29. Platz nur knapp. Nach 1:06:41 Stunden
und 11,9 Kilometern mit 1100 Höhenmetern hatte ich es geschafft und war
sehr zufrieden.
Ein Superrennen ist Andrea gelaufen: Mit 1:02:53 gewann sie den
Meistertitel überlegen mit fast 7 Minuten Vorsprung auf die Zweite und nur
etwas mehr als 5 Minuten Rückstand auf den Sieger Markus Hohenwarter.
Nach der Siegerehrung mit Medaillen, Urkunden, einem 3-Liter-Bierglas,
allerlei kulinarischen Spezialitäten aus der Gegend und weiteren Preisen
für Andrea sprangen wir noch schnell in den Badeteich des „südlichsten
Campingplatzes Österreichs”, stärkten uns nach dem Bad mit einem
Mehlspeisenteller und traten dann die (lange) Heimreise an.