Training in Südafrika
Andrea berichtet:
Ich bin hier auf einem Hochplateau auf 1500m. Man hat aber nicht das Gefühl
in der Höhe zu sein, weil man keine Berge sieht. Potch ist ein Dorf mit
ziemlichem Schachbrettmuster. Stadtkern oder so in alt gibt es nicht, aber
doch ein Areal, wo „was los ist“. Es gibt hier ein riesiges Sportareal: ca
20 Fußballplätze groß mit genauer 1000m-Runde und einem Gras-stadion, einer
riesigen Kraftkammer mit wirklich allem, einem Kalt- und Heißwasserbecken,
einem Hallenbad, einem Freibad. Einen km weg liegt dann die Tartanbahn. Die
hab ich aber noch nicht angeschaut. Alles ist extrem gepflegt und auf
höchstem Standard. Die Gegend selbst ist nicht so aufregend, hoffentlich
find ich noch schöne Trails. Unser Haus schaut von außen gar nicht
besonders aus, aber drinnen ist es voll schön eingerichtet. Richtig schöne
afrikanische Möbel. Unsere Vermieter sind 2 Schwule...Sie können sehr gut
kochen und wir dürfen uns alles wünschen.
Hab heut nur einen Dauerlauf gehabt. Die Beine waren sehr gut, aber ich
hatte doch einen recht hohen Puls..soll aber in den ersten paar Tagen
normal sein.
Schluss für heute
10.01.2008
Ich hab heut noch einen gesteigerten Dauerlauf vor mir. 4km (4:20)-4km
(3:50)-4km (3:40)-4km (3:30)-4km (4:20). Es ist gottseidank wieder bewölkt
und hat auch grad geregnet, das macht das Vorhaben für mich schon um
einiges leichter. Irgendwie fürcht ich mich gar nicht davor. Ich werd die
schnellen Passagen auf einer 1km-Runde am Hauptplatz laufen. Da ist immer
viel los und das motiviert. Vielleicht läuft auch jemand die ein oder
andere Runde mit mir. So einfach , wie sich das der Millonig vorstellt, ist
es auch wieder nicht, einen Trainingspartner zu finden, außer man ist
halbwegs flexibel. Gestern bei meinen 20x500m hab ich bei der 2ten Hälfte
mitbekommen, dass eine Gruppe auf der 1000m-Runde immer Dreitausender in
9:04 macht. Ich wußte, dass das mein Tempo ist, aber hatte natürlich keine
Ahnung, wo die 500er Markierung war. So hab ich dann halt immer nach CIRCA
500m aufgehört und bin ihnen entgegen getrabt. Das war dann schon viel
angenehmer, als allein meine Runden zu drehen. Ich glaub, dass es im Grunde
ja auch völlig egal ist, wie exakt das jetzt war.
Zur Zeit hab ich mit dem Wetter echt Glück: Es ist sehr oft bewölkt und für
südafrikanische Verhältnisse schlecht.
Am Vormittag lauf ich meinen Dauerlauf oft mit Mustafa Mohamed (der
schwarze Schwede von Heusden, übrigens 2ter bei der Cross-EM) zusammen.
Nein, ich lauf dabei nicht über meine Verhältnisse, sondern er läuft in der
Früh immer so langsam (ca 4:10 - 4:15).
Unser Tagesablauf schaut meist so aus: Wecker läutet um 7:00. Um halb 8
wird weggelaufen. Frühstück beginnen wir meist zwischen halb 10 und 10
(viel Haferschleim, viel Obst, viel Tee, bissi Vollkorntost mit Honig....).
Dann haben wir bis 17:00 nix vor, das heißt: schlafen, lesen, einkaufen,
zur Massage gehen, Internet-Cafe besuchen, Tee trinken. Um 5 gehen wir dann
aufs Hauptfeld: bissi rumschaun, trainieren, Kalt-Warmwasserbecken.
Wenn wir damit fertig sind, fallen wir direkt zum Abendessen um: unser
schwuler Gastgeber kocht meist selbst auf und das auch noch recht gut. Wir
sind zu 7 in diesem Quartier: 2 Briten, 3 Spanier (sehr klassische..) und
wir.
Unsere Herberge gilt zwar als Guesthouse, hat aber nichts mit einem österr
Gästehaus zu tun: Wir können uns im ganzen Haus frei bewegen, jedes Zimmer
ist eigentlich für alle da; man fühlt sich ab dem ersten Tag schon wie zu
Hause. Auch die Hauskatze sieht das nicht anders und besucht regelmäßig
alle ihre menschlichen Mitbewohner und fährt ihre Krallen aus, wenn diese
dann nicht daran interessiert sind, mit ihr zu spielen.
Es gibt auch mind 2 cleaning ladies (natürlich schwarz, diese Arbeiten
„können“ ja auch nur Schwarze), die mit einer irrsinnigen Freundlichkeit
alles machen, was nützlich (sie waschen uns auch unsere Unterhosen), oder
auch weniger nützlich (ich muss ständig meine Getränkeflaschen wieder aus
dem Mülleimer holen) ist. Trotzdem fallen sie eigentlich kaum auf. Sie sind
mehr wie der gute Geist des Hauses.
Kurz muss ich noch die südafrikanische Massage erklären: ist es in
Österreich die Regel, dass man seinen Masseur bittet, er möge doch ein
bisschen fester „kneten“, so ist man hier ständig damit beschäftigt, seinen
Peiniger um Gnade zu bitten : please, please a bit softer.
Hab ich am Anfang der Woche noch einige Massagetermine zu Mittag vor einer
Belastung reserviert, so habe ich eben diese alle wieder streichen lassen.
So jetzt muss ich langsam zusammenpacken fürs Training.
Anschließend gehen wir heute Fisch essen. Fisch zählt hier zwar zu den
teuren Lebensmitteln, sind aber mit 6 Euro inklusive Getränk trotzdem für
mitteleuropäisches Niveau extrem billig.
Potchefstrom oder auch nur Potch selbst hat als Stadt kulturell oder
landschaftlich nicht viel zu bieten. Die einzige Erhebung, die ich bis
jetzt entdeckt hab, sind 2 Brücken über die Bahngleise drüber.
Dauerlaufstrecken sind nicht hier erfunden worden: man kann entweder die
wenig befahrenen Straßen entlang laufen, oder halt im Bereich der
Grashauptanlage seine Runden drehen. Neu entdeckt haben wir jetzt auch
einen doch sehr schönen Weg entlang der Bahntrasse, den man jedoch besser
nur dann läuft, wenn die Sonne nicht in voller Pracht herunterschaut, da
hier keinerlei Bäume Schatten bieten.
Es gibt mehr oder weniger 2 Stadtzentren: eins für Weiße und Touristen und
eins für Schwarze. Zweiteres haben wir jedoch noch nicht zu Gesicht
bekommen, da sehr stark davon abgeraten wird, diese Gegend aufzusuchen.
Ersteres liegt in unmittelbarer Nähe zu unserem Quartier und besteht im
Wesentlichen aus Burgerbuden, Kaufhäusern, i-Cafes und alles, was man von
einer italienischen Strandpromenade noch alles kennt.
Die Häuser sind hier größtenteils nur ebenerdig, die Straßen parallel oder
normal zu einander.
Jeder Garten (nicht nur unser schwuler) ist irgendwie kitschig: kleine
sinnlose Brückchen über nicht vorhandene Wässerchen, Statuen,
Springbrünnchen mit Goldfischchen drinnen, Citronenbäumchen und vielem
Schnickschnack mehr. Trotzdem ist es angenehm anders, irgendwie afrikanisch
halt.
11.01.2008
Hab heut um halb 8 einen 70er gemacht. Die ersten 40min mit Mustafa waren
sehr gemütlich (4:15 oder so), die nächsten 30 min bin ich dann mit Günther
Weidlinger gelaufen....naja, die waren dann nicht mehr ganz so locker; da
war der Puls dann auch zeitweise über 150. Ein bisschen gemein, dass er bei
selber Geschwindigkeit grad mal 120 Puls hatte.
Das frühe Aufstehen macht mir hier irgendwie gar nichts aus, weil die Sonne
sehr sehr früh aufgeht. Ich weiß nicht genau wann, aber wenn ich um halb 6
mal kurz die Augen aufmach, dann ist es draußen nicht grad erst hell
geworden, sondern wirklich schon sehr hell. Dafür geht die Sonne aber um
halb 8 schlafen. Wär irgendwie gscheiter, wenn die auch so was wie eine
Sommerzeit hätten.
Das Training gestern ist eh ganz gut gegangen, anschließend war ich dann
noch ein bissi zu lange im Kaltwasserbecken. Ich hab mich von den anderen
anstecken lassen, die da 10 min drinnen waren. Naja, auf jeden fall, hab
ich mich nachher auch mit heißer Dusche nicht mehr so richtig warm
bekommen. Wahrscheinlich auch, weil ich vom Training schon ausgelaugt war.
Wir sind dann gleich zum Fisch essen aufgebrochen: ein paar Schweden haben
wir auch noch mitgenommen. Die haben uns erzählt, dass ihnen das Kaltwasser
hier gar nichts ausmacht, weil sie die skandinavischen Eisbäder gewohnt
sind: da schlagen sie mit dem Pickel ein Loch in den zugefrorenen See und
springen kopfüber rein. Anschließend soll einem „WARM“ sein. Naja...
Von Paula Radcliffe kann ich leider keine Bilder mehr machen, denn sie hat
Potch schon wieder verlassen. Sie war nur für 6 Tage hier. Bissi großer
Aufwand für 6 Tage nach Südafrika zu fliegen, aber sie wird es sich leisten
können.
15.01.2008
Also am Anfang hab ich noch geglaubt, dass das Zufall ist mit den ganzen
Stromausfällen in Potch. Jedesmal, wenn ich im Internetcafe sitz, dann
machts auf einmal Tschhhh und dann ist alles schwarz und nix geht mehr.
Dann kann man hier echt gar nichts mehr machen, denn dann gibt’s in ganz
Potch keinen Strom: die Geschäfte schließen dann sofort und auch in ein
Cafehaus kann man natürlich nicht gehen. Das dauert meist über 2h an. Heute
war das einmal um die Mittagszeit und einmal um 7. Das um 7 pm war auch
ziemlich blöd, weil es hier nämlich um halb 8 finster wird: das heißt wir
haben uns heut nach dem Training im Finstern geduscht und hatten
anschließend Candle-light-dinner. Dann erfuhren wir, dass das nicht nur bei
uns in Potch so ist, sondern in ganz Südafrika wird für 2 mal 2 h der Strom
abgedreht, weil im Land Strommangel herrscht. Stell Dir das mal bitte in
Europa vor: keine Ampeln, keine Strassenbeleuchtung, kein Tiefkühlfach,
nichts und das für 2Stunden täglich. Die Einwohner wissen aber nie genau,
wann diese 2h sein werden. Und trotzdem regt sich eigentlich keiner darüber
auf.
16.01.2008
Das mit dem Stromausfällen wird echt immer ärger: heute war von 7:00-9:00
kein Strom und von 12:00-14:30. Das heißt, dass es natürlich kein
Mittagessen gab!!! Auch so viele Geräte in der Kraftkammer sind an den
Strom angeschlossen....wenn Du grad am Laufbandl trainierst, krachst Du
dann vermutlich voll ins Gerät rein. Man kann hier natürlich auch nicht aus
den anliegenden Ländern Strom importieren, denn die haben ja selbst noch
weniger davon.
Recht gute Allgemeinbildung haben die Südafrikaner hier nicht: Sie fragten
uns ganz verwundert, wieso wir hier wären. Als wir ihnen mitteilten, dass
wir in Österreich grad Winter hätten, fragten sie ganz erstaunt: Liegt
Österreich leicht in der nördlichen Hemisphäre?
Heut war ich wieder bei der Massage, aber ich hab mich extra zu einer Frau
einteilen lassen, weil ich hoffte, dass die weniger Kraft hat; naja, weh
getan hat es trotzdem und die 2h danach tat auch alles weh, allerdings muss
ich sagen, dass sie es geschafft hat, dass mir jetzt mein Unterschenkel
nicht mehr so weh tut.
Heut hab ich noch ein paar Koordinationsläufe und Krafttraining. Der
Morgenlauf war eh anstrengend genug. Ich weiß nicht wieso, aber heut ist
das Wetter für mich echt sehr mühsam, so richtig schwül und stickig. Ich
hab die 20km echt gekämpft. Noch dazu bin ich mit einer deutschen
Marathonläuferin gelaufen. Sie wollte unbedingt auf Asphalt trainieren und
so sind wir eine völlig einsame Straße ins Landesinnere rein; kein
Schatten, kein Bäumchen, nichts. Nur eine unendliche Gerade. Sah ungefähr
so aus wie die Bilder, die man so von der Radstrecke vom Triathlon in
Hawaii kennt.
So, jetzt muss ich wieder zusammenpacken. Das nächste Training ruft!
22.01.08
Jetzt muss ich mal was über die Fauna hier berichten: die haben hier echt sehr viele Vögel: Vögel, die ausschauen wie Geier, andere sind ganz gelb, oder blau, oder haben überdimensional lange Beine, und noch einen Haufen anderer, die man aber nie sieht, sondern nur hört. Und das ist das besondere an all diesen Flugsauriern: Sagt man bei uns, dass Vögel zwitschern oder singen, kann man hier nur von Kreischen oder Schreien sprechen und das machen sie auch noch in einer gewaltigen Lautstärke.
23.01.2008
Gestern war bei uns sehr komisches Wetter: Zuerst war es sehr bewölkt und ich hab mir zum Mittagessen sogar einen Pulli mitgenommen. Dann ist die Sonne rausgekommen und hat mir gleich wieder meine arme Nase verbrannt. Und als wir um 5 Uhr zum Training gingen, fing es zuerst nur ganz leicht zu tröpfeln an. Allerdings war der Himmel schon ziemlich schwarz. 200m später goss es wie aus Kübeln: Innerhalb nur einer viertel Stunde stand die ganze Stadionanlage unter Wasser. So beschloss ich, mein Programm am Laufbandl zu absolvieren. War gar nicht so schlecht: Mit Blick auf die 400m Bahn, stellte ich mir immer vor, wo ich gerade wäre. So vergingen die 8x1000m plus 10x200m doch recht schnell. Ich genoss auch sehr den Umstand, mich nicht auf die Einhaltung des Tempos konzentrieren zu müssen und die Tatsache, dass oft Leute (meist Günther) neben mir standen und mich motivierten.
Der Rasen ist echt perfekt gepflegt, stand gestern noch alles komplett unter Wasser, so konnte man heute morgen schon wieder fast normal darauf trainieren.
So, jetzt muss ich noch ein bissl Bilder bearbeiten, damit ich sie bald mal abschicken kann.
26.01.2008
Fühlt sich furchtbar an, hab mir nochmals alle Symptome so durchüberlegt:
selbst heut Mittag, als ich unbedingt was zum Essen gesucht hab, hab ich
dann nichts gefunden, weil mir vor allem gegraust hat. Hab dann nur einen
Tee getrunken. Und dann hab ich mich ins Bett gelegt und so gut
geschlafen...hätte locker noch 2h weiter schlafen können, bin dann aber
doch auf und zum Training: war noch immer sehr warm und ich hab mir schwer
getan, mich entsprechend anzustrengen. Und dann gegen Ende ist es echt
mühsam geworden: Claudia hat mich kurz aufgehalten und ich hab gemerkt:
wenn ich nicht sofort ins Haus geh, dann flieg ich um. Und dann hat alles
mit Schüttelfrost und Co begonnen...
28.01.2008
Heut hab ich in der Früh wieder ein Training versucht. Nur ein paar
Hürdenläufe, aber die sind eh ganz gut gegangen. Ich hab nur immer noch ein
bissl Probleme mit dem Essen: mir graust fast vor allem und ich bekomm
einfach nichts hinunter. Und andauernd Durchfall...