Sa. 17.7.04: Zugspitz-Berglauf
Karlheinz berichtet schon wieder aus den Bergen:
Streckenbeschreibung: eigentlich das typisch Profil der klassischen
Alpenpässe (mit dem Fahrrad): von Garmisch-Partenkirchen, ca. 800 m,
zunächst sehr steil ansteigend, um Höhe zu gewinnen über die
Partnachklamm, dann lange, lange fast eben, oft mehr abwärts als
aufwärts durch das Reintal. Irgendwann kommt man beim Anfang der
Schlucht an und läuft dem Bach entlang zur Bockshütte (ca. 1000m),
der ersten Verpflegungsstelle , danach wird der Weg etwas alpiner,
steiniger, einige Steigungen, aber immer noch dem Tal entlang, bis zur
Reintalangerhütte (1370m), Verpflegung, zurückgelegte Strecke bis
hierher ca. 14 km. Noch zurückzulegen sind läppische 6,9
km, allerdings sind dabei 1230 Höhenmeter zu überwinden, kein Lauf
mehr, sondern eine zünftige Bergtour, mit Turnschuhen und T-Shirt, ich
habe niemanden mehr rennen gesehen, denn vom Ende des Talkessels geht es
sehr steil auf einem steinigen Steig hoch zur Knorrhütte
(ca. 2000m). Da kochen alle nur noch mit Wasser. Sehr steil, von der
Wiese aus, dem letzten Flachstück, schaut es aus wie ein
Ameisenpfad. Erfordert sehr viel Kraft, überholen nur unter noch
grösserem Kraftaufwand möglich, da es seitlich im Schotter weniger Halt
für die Schuhe gibt. Auch über der Knorrhütte noch immer ein
schmaler, steiler, steiniger Weg in einer Geröll- und Steinwüste,
dann ist das Zugspitzplatt erreicht, es wird flacher, aber jetzt
kommen anstrengende Schneefelder. Sonnalpin in Sicht, das gibt
Kraft, um wieder zu laufen. Schliesslich torkeln oder rennen alle ins
Ziel (2600m).
Wetter: Ein Traumtag, kühl im Reintal, heiß in den Latschenhängen
über der Reintalangerhütte, sogar am Sonnalpin hatte es noch 14
Grad.
Nettodaten: ca. 20,5 km Länge, 1890 m Höhenunterschied brutto,
Laufzeit: 3 Stunden 12:22 Minuten,
bis zur Bockshütte 1 Stunden,
Reintalangerhütte 40 Minuten,
Knorrhütte 50 Minuten,
ins Ziel ca. 42 Minuten,
macht für die letzten 1230 Höhenmeter 92 Minuten, knapp über vier
Km pro Stunde.
Eindrücke: Bis zur Reintalangerhütte war der Lauf eine Art
Genussjoggen, denn zu schnell durfte man nicht rennen, und bin die
erste Stunde so gerannt, dass in den vielen flachen Passagen der Puls
runterging, erst bei den Steigungen zu Ende des Talkessels hin,
erholte ich mich nicht mehr so schnell, grossartig die Strecke vor der
Bockshütte, am
Bach entlang, mit Blick auf die Felsen zu beiden Seiten des Tals, da
kommt kurz übermut auf, man möchte einen Sprint einlegen, so schön
ist es, aber so viel Routine hab ich vom Radfahren, dass ich das Tempo
sorgfältig beibehalte. Ernst wird es erst ab der
Reintalangerhütte. Man kann noch einmal locker über eine grüne
Wiese joggen, und schaut dann auf die Wände des Talabschlusses, und
sieht eine Kolonne von Ameisen sich langsam hocharbeiten. Da bin ich
mit meinem Schritt, den ich in den
Bergen anlege, wenn mir niemand zuschaut, ganz gut dran, und von dort
weg habe ich nur noch überholt, ca. 40 Leute. Ich hatte zwar auch
keine Kraft mehr, aber vielleicht einen etwas längeren
Schritt. Konnte förmlich zuschaün, wie sich die Kraft in den
Schenkel verdünnte, aber eben weniger als bei denen, die ich nach und
nach überholte. Aussicht geniesst man in diesem Stadium des Laufes
keine mehr, sieht nur noch die Steine vor den Füssen und den
Vordermann. Mich wunderte, dass es ganz oben möglich war, wieder
zu laufen, ich dachte an Pascal und daran, dass er nach 200 km wohl
noch
lockerer laufen würde als ich am letzten Km dieses Laufs. Ins Ziel
bin ich eher getorkelt, da hat mich einer, den ich auf einem der
letzten Schneefelder überholt hatte, noch einmal überholt.
Fazit: Ich war sehr zufrieden, die Zeit ist wohl das beste, was beim
derzeitigen Trainingszustand, d.h. nach einem ganzen Jahr ohne
Bergsteigen und ohne Radtouren in die Alpen, möglich ist. Ich hab mir
die Strecke, glaub ich, gut eingeteilt und hatte im Ziel dann meine
Kraftreserven ausgeschöpft. Das Panorama hab ich dann noch ausgiebig
genossen, und gefühlsmässig war ich auch am nächsten Tag noch auf
der Zugspitze. Obwohl man natürlich die Dummheit eines solchen
Unterfangens bekritteln kann und auf das Genießen bestehen könnte,
bleiben nach der Intensität eines solchen Laufes viel mehr Bilder bei
mir tief hängen, als wenn ich mir oder jemand anderem die ganze Zeit
beteuern würde, wie schön es doch da oben sei (statt zu
schauen).
Ich war glücklich, dass ich jetzt die Berge und das Laufen wieder
ganz in meiner Nähe habe, ohne erst über einen ganzen Kontinent
fliegen zu müssen oder viele Stunden im Auto zu verbringen. Ich war
auch ein wenig traurig, dass Angie, meine
Trainingspartnerin an der GSF, zwar angereist war, aber dann eine
halbe Stunde vor dem Start wegen einer nicht ausgeheilten Verkühlung
doch nicht rannte. Dazu gehörte viel Mut!