Nasego Vertical, Casto (I) 18.5.

Andi berichtet:
Ausgerechnet das Wochenende, an dem es für die Regierung in Österreich steil bergab ging, haben wir uns ausgesucht, um in Italien mal wieder steil bergauf um die Wette zu laufen.

So machten wir uns am Freitag nach dem Frühstück auf die lange Reise Richtung Gardasee und noch ein Stückchen weiter. In einem Tal westlich des Gardasees, 20 km nach dem lago Idro liegt Vestone, wo wir Quartier bezogen und noch einmal ein paar km weiter der kleine Ort Casto, von wo aus das Rennen auf die Corna di Savallo führte. Auf nur 4,2 km waren 1.000 Höhenmeter zu bewältigen, ein "kilometro verticale" also wieder mal, Andreas Spezialität! Die ersten 400 Meter waren fast flach und auch auf der ersten Hälfte gab es noch ein paar etwas flachere Passagen, sodass der Rest der Strecke, v.a. auf der 2. Hälfte wirklich extrem steil wurde.

Freitag Nachmittag besichtigten wir noch die ersten 400 Höhenmeter, um einen Eindruck von der Strecke zu bekommen. In diesem Rennen wurden heuer auch die italienischen Meisterschaften im kilometro verticale ausgetragen, sodass es ziemlich gut besetzt war. Die Italiener sind ja absolut berglaufverrückt und das Berglaufen in Italien wurde genau in dieser Gegend "erfunden" und begründet. Von hier kommen die besten Bergläufer (die in Italien von diesem Sport übrigens problemlos leben können) und hier gibt es auch die meisten Rennen dieser Art. Letztes Jahr haben wir solche kilometri verticali schon in Malonno und Chiavenna ausprobiert. Andrea ist dort der große Star und alle sind völlig begeistert, wenn sie kommt, fast jeder kennt sie, begrüßt sie, spricht sie auf der Straße an. Das ist wirklich ein tolles Gefühl! Nach einem gemeinsamen Abendessen mit den Veranstaltern und einem Teil der eingeladenen Topathleten ging's nicht allzu spät ins Bett.

Samstag um 10 begann das Rennen, zunächst mal für Andrea und 40 weitere Damen. Die Männer waren 45 Minuten später dran. So hatte ich Zeit, 5 Minuten vor dem ersten Startschuss vorauszulaufen, um Andrea anzufeuern und ein paar Fotos zu machen. Als sie bei mir vorbeikam, hatte sie schon die 400 flachen Meter nach dem Start, eine Stiege und nochmal 200 Meter auf der Straße hinter sich und traf gerade auf die ersten wirklich steilen Abschnitte. Schon lag sie in Führung, ein paar Sekunden waren es erst, aber jetzt auf dem Steilstück konnte man mit freiem Auge sehen, wie der Vorsprung rasant anwuchs! Mit Riesenschritten nahm Andrea die Steilstufen und war kurz danach im Wald verschwunden.

Gut 45 Minuten später stand ich an der selben Stelle und kam kaum vom Fleck. Nicht, dass ich nach den ersten 3 Minuten schon so erschöpft gewesen wäre, aber der knapp 1 Meter breite Einstieg in den Wald war einfach zu schmal für 150 hochmotivierte Schnellstarter. Es entstand eine wilde Drängelei, einer stürzte sogar und ein paar Sekunden lang ging gar nichts mehr weiter. Schließlich setzte sich alles wieder langsam in Bewegung, aber jetzt steckte ich in einer endlos langen Schlange von Läufern, die sich auf dem extrem steilen und schmalen Waldweg bergwärts wand. Überholen nahezu unmöglich, zu schmal war der Weg und zu viel Kraft hätte so ein Überholmanöver gekostet, bei dem man irgendwie seitlich in den Wald und über die Steine hätte ausweichen müssen. So war die Sache auf den ersten 100 Höhenmetern für mich ungewöhnlich entspannend, da das Tempo irgenwo um den 90. Platz herum nicht besonders hoch war.

Diese Probleme hatte Andrea nicht gehabt, nach vorne war alles frei und hinter ihr sah und hörte sie bald auch niemanden mehr, mit Ausnahme der vielen Zuschauer, die trotz des eher ungemütlichen Wetters in großer Zahl an der gesamten Strecke standen und Andrea begeistert anfeuerten! Obwohl sie ihr Anfangstempo bewusst dosiert hatte, war sie nach 200 Höhenmetern völlig alleine und konnte nun in aller Ruhe den bisherigen Streckenrekord attackieren. Während Andrea niemanden mehr zum Überholen hatte, durfte ich mich an dieser Stelle darüber freuen, dass die Strecke wieder breiter wurde und viele um mich herum ihrem hektischen Anfangstempo Tribut zollen mussten. Obwohl ich immer noch ein recht vorsichtiges Tempo anschlug, überholte ich nun sehr viele Konkurrenten. Ein paar hundert Meter ging es noch einmal über eine Asphaltstraße durch einen Ort, dann in den Wald und ab da war's dann nur noch steil, ohne Unterbrechung. Offenbar war das langsame Anfangstempo gar nicht so schlecht gewesen, denn jetzt ging's mir ziemlich gut und ich konnte laufend weiter überholen.

Noch besser ging es Andrea, die zu diesem Zeitpunkt längst im Ziel war. Sie hatte den ganzen Berg für sich allein gehabt und ihn, wie die Italiener später schrieben, „in die Knie gezwungen“! In nur 38 Minuten und 39 Sekunden hatte sie den senkrechten Kilometer absolviert und damit den bisherigen Streckenrekord um viereinhalb Minuten unterboten. Da nützte es der Zweitplatzierten aus Ruanda nichts, dass auch sie unter dem alten Streckenrekord geblieben war, denn ihr Rückstand betrug immer noch 4 Minuten!

Ich kam indes gut, wenn auch nicht ganz so gut voran - nach 38:39 min fehlten mir noch ca. 170 Höhenmeter, die ich dann aber recht ordentlich und immer noch überholend absolvierte. Andrea holte mich, wie gewohnt, auf den letzten Minuten ab und begleitete mich ins Ziel, das ich nach 46:59 min erreichte. „Nur“ 8:20 min Rückstand auf Andrea, damit kann ich zufrieden sein. Das brachte mir den 63. Gesamtrang von 192 Teilnehmern (56. bei den Männern). Oben gab es dann eine tolle Aussicht bis zum Gardasee, ein ausgezeichnetes Zielbuffet, eine Riesenstimmung, große Begeisterung über Andrea („Mastodontica Mayr!“ = kolossale Mayr!), aber leider keinen Transport ins Tal. Zumimdest haben wir keinen gefunden und marschierten so zuerst 700 Höhenmeter wieder runter zur großen Siegerehrung mit Essen und Trinken in Hülle und Fülle (inklusive Wein und Dessert) und danach die restlichen 300 Höhenmeter bis zum Start.

Nach einem kleinen Spaziergang und einem Fest am Abend waren wir hundemüde und fielen ins Bett. Da am nächsten Tag leider ein Sauwetter war - Regen ohne Ende - machten wir uns schon nach dem Frühstück auf den langen Heimweg. Dank Andreas tollem Auftritt hat sich die Fahrerei ins ferne Italien aber wieder mal ausgezahlt!

Hier noch ein Ausschnitt aus der italienischen Presse samt (unbearbeiteter) Google-Übersetzung:

La gara femminile è stata disputata per prima, con partenza alle ore 10.00 dal municipio di Casto Capoluogo per raggiungere il traguardo posto a 1.430 metri sul livello del mare.
L’attesa era tutta per lei, per la leggenda vivente di questo sport, l’austriaca Andrea Mayr, e la leggenda non ha deluso! La 6 volte iridata ha distrutto il record, abbassandolo di quasi 5 minuti (era 43’09”) e fermando le lancettte su un incredibile 38’39”, relegando a 3’59” la 2^ classificata, la pur brava Rwandese Primitive Nyriora.
Gara davvero mai in discussione, troppo lo strapotere di un’atleta che continua, impresa dopo impresa, a scrivere pagine di storia autentica del mountain running.

Das Frauenrennen wurde als erstes ausgetragen und startete um 10.00 Uhr von der Gemeinde Casto Capoluogo, um die Ziellinie auf 1.430 Metern über dem Meeresspiegel zu erreichen.
Das Warten war alles für sie, für die lebende Legende des Sports, die Österreicherin Andrea Mayr, und die Legende hat nicht enttäuscht! Der 6-fache Weltmeister zerstörte den Rekord, senkte ihn um fast 5 Minuten (es war 43'09 ") und hielt die Zeiger bei unglaublichen 38'39" an und verwies die 2. klassifizierte, immer noch gute ruandische Primitive Nyriora auf 3'59 ".
Wirklich nie umstritten, zu sehr die überwältigende Kraft eines Athleten, der Anlauf um Anlauf fortfährt, Seiten authentischer Geschichte des Berglaufs zu schreiben.

Hier gibt’s ein schönes Video vom Rennen: https://www.youtube.com/watch?v=WGaETWtnGrY

00Das linke Knie der ersten Verfolgerin ist gerade noch zu sehen 01Das erste._ 02._.Steilstück 03Wer soll._ 04._.da mithalten._ 05Mastodontica Mayr! 06steil, steil, steil._ 07Die Einsamkeit der Bergläuferin 08 La leggenda vivente._ 09._.ganz allein 1 Minute vor dem Ziel 10Gipfelsieg! 11._.und Streckenrekord! 12Billy bekommt die Medaille 13Andi wird abgeholt 14und hats gleich geschafft 18ein Nachschlag geht immer! 20Die ersten drei jquery html lightboxby VisualLightBox.com v6.1