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Berglauf-Weltmeisterschaft Casette di Massa (I) 14.9.

Andi berichtet:
Jetzt war es soweit: Nach einer bisher schon unglaublich erfolgreichen Saison mit dem Gewinn der ÖM über 10 km und im Berglauf, der Treppenlauf-EM, der Berglauf-EM (up and down), der Silbermedaille bei der Duathlon-EM und zahlreichen Siegen und Streckenrekorden bei großen Bergläufen stand nun der Höhepunkt vor der Tür: Die Berglauf-WM in Massa auf einer spektakulären Strecke in den Apuanischen Alpen der Toskana. Nur 20 km von unserem alljährlichen Frühjahrs-Trainingslager in Viareggio entfernt bezogen wir also am Donnerstag das Quartier gleichsam in unserem „zweiten Wohnzimmer“ an der toskanischen Küste und verspürten damit fast eine Art von Heimvorteil. Tags zuvor hatten wir auf unserer Anreise noch Station bei Gerd Frick und seiner Familie in Meran gemacht, wo wir am Donnerstag nach dem Frühstück das letzte Abschlusstraining absolvierten. Nach ca. 5 km Einlaufen folgten 5 x 3 Minuten steil bergauf in die Weinberge vor Meran. Auf diesen Intervallen nahm Andrea mir jeweils zwischen 20 und 45 (!) Sekunden ab, je steiler, desto mehr. Auch in den Trainings davor waren meine Rückstände meist riesig gewesen, obwohl ich nicht schlechter war als sonst.

Nach unserer Ankunft am späten Nachmittag besichtigten wir noch den ersten Teil der Strecke in Casette di Massa. Nach einem winkeligen Kurs durch die engen Gässchen des Ortes mit zahlreichen Stufen folgte ein extrem steiles Stück im angrenzenden Pinienwald, ebenfalls versehen mit hohen Holzstufen und Felsen auf einem schmalen Weg. In kürzester Zeit werden 180 Höhenmeter absolviert, dann folgt ein Bergabstück, das es in sich hat: eng, rutschig und wieder über teils 1 Meter hohe Stufen geht es 110 Höhenmeter bergab. Eine typisch italienische Strecke, zugeschnitten auf die Bergab-Spezialisten dieser Nation. Nicht gerade Andreas Lieblingsabschnitt. Danach aber kommt ihr der Kurs im wahrsten Sinn des Wortes entgegen: Auf einem unglaublich steilen Abschnitt geht es fast in Falllinie über einen felsigen Weg in einer Art Rinne in engem Zickzackkurs bergan. Kraft und Koordination sind hier gefragt.

An dieser Stelle brachen wir die Besichtigung ab, fuhren zurück zum Quartier und genehmigten uns noch ein Bad im nahen, ca. 24 Grad warmen Meer. Was für ein Luxus, perfekter Sonnenuntergang inklusive. Am Freitag inspizierten wir mit einem Teil des österreichischen Teams die gesamte Strecke. In etwa kannten wir sie ja schon von unserem Trainingslager im März, aber nun war sie exakt markiert. Nach dem zweiten Steilstück also wurde es für 2 Minuten flacher, dann ging es erneut extrem bergauf, über einen ganz schmalen und felsigen Wanderweg. Höchste Konzentration und wieder viel Kraft waren gefragt. Überholen wäre hier nur ganz schwer möglich. Nach ca 25 Minuten erreichen die Läufer den Marmorsteinbruch, ein beeindruckendes Szenario. Zwischen den Abbaustätten des weißen Carrara-Marmors hindurch geht es an riesigen Marmorblöcken vorbei zunächst über die für die Bagger und Lastwagen angelegten breiten Schotterpisten steil bergab, wieder etwa 100 Höhenmeter in Serpentinen, aber technisch nicht so schwierig. Nun folgen abwechselnd kurze Bergaufstücke, gerade Passagen und auch ein weiteres Bergabstück von ca 40 Höhenmetern kreuz und quer durch den Steinbruch. Dann führt der Weg in den Berg hinein, die Läufer betreten nun einen Tunnel, vollständig aus weißem Marmor, in dem die riesigen Blöcke aus dem Inneren des Berges herausgeschnitten werden. Man läuft hier auf einem völlig glatten Marmorboden etwa 600 Meter ganz flach und dann wieder aus dem Tunnel heraus. Danach der letzte kraftraubende Rennabschnitt über die breiten Pisten für die Arbeitsgeräte hinauf zum Ziel. Hier sind noch etwa 15 unterschiedlich lange Rampen zu bezwingen, es geht abwechselnd 40 bis 150 Meter steil bergauf, dann wieder 30 bis 60 Meter flach. Ca. 10 Minuten dauert dieser Teil, dann endlich ist das Ziel auf dem höchsten Marmorplateau erreicht, mit spektakulärem Ausblick auf das Meer, die bis zu 2.000 Meter hohen Berge ringsum und den riesigen Steinbruch.

Den Samstag verbrachten wir sehr ruhig mit einem lockeren 35-Minuten-Lauf im nahen Pinienwald, unserer altbekannten Trainingslager-Laufstrecke, danach gab es ein angenehmes Bad im Meer bei sonnigem, aber nicht allzu heißem Wetter. Zurück im Quartier genossen wir das einfache aber hervorragende Essen und saßen ein wenig im Garten der „Villa Olga“ herum, wo das österreichische gemeinsam mit dem deutschen, dem kroatischen und dem monegassischen Team untergebracht war.

Sonntag - Tag des Rennens: Da der Start des Damen-Rennens erst um 11 Uhr war, konnten wir immerhin bis 7 Uhr im Bett bleiben, dann ein kurzer Lauf zum Meer und zurück (1,5 km), Frühstück und um 9 Uhr Abfahrt nach Casette. Gemeinsames Aufwärmen mit den beiden anderen Teammitgliedern Karin Freitag und Susanne Mair und dann gings auch schon los. Ich hatte mich ein paar hundert Meter nach dem Start postiert und konnte von oben sehen, dass Andrea gleich einmal die Spitze übernahm. Im Ort war das Feld noch dicht beisammen und nach 4 Minuten kam Andrea das erste Mal bei mir vorbei, knapp hinter ihr die Läuferinnen aus Kenia und Uganda. Das gleiche Bild eine Minute später, als es über die erste lange Stiege nach oben ging. Andrea lief nun vorneweg. Ich sprintete zum Ende des ersten langen Bergabstücks, wo die Läuferinnen ca. 7 Minuten später auftauchten. Nun war Andrea alleine ganz vorne, 7 Sekunden hinter ihr die erste Verfolgerin, danach schon eine größere Lücke von ca. 20 Sekunden. Auf dem steilen Bergaufstück spielte Andrea ihre Stärke aus und ich konnte deutlich sehen, wie sich der Abstand nun vergrößerte. Zwei, drei Minuten sah ich sie noch von unten und feuerte sie an. Während ich nun aus dem Ort und zu einer steilen Straße rannte, die direkt zum Ende des zweiten Bergabstücks führte, vergrößerte Andrea ihren Vorsprung auf dem felsigen Weg weiter oben auf 50 Sekunden. Ich musste alles aus mir herausholen, um - trotz erheblicher Abkürzung - vor Andrea wieder auf der Strecke zu sein. Es gelang mir buchstäblich in letzter Sekunde. Andrea kam das Bergabstück herunter, wobei sie etwas Tempo herausnahm, um für die nächsten Passagen Kraft zu sparen. Hinter ihr gähnende Leere! Der Vorsprung musste nun schon über 1 Minute betragen - das rief ich ihr zu, und schon war sie wieder weg. Tatsächlich kamen die Verfolgerinnen erst nach 1:10 min!

Für mich hieß es nun wieder abkürzen, also steil bergauf zu den Rampen des letzten Abschnitts. Knapp 10 Minuten später sah ich von oben Andrea aus dem Tunnel kommen und auf die Steilstücke zulaufen. An der längsten und steilsten Rampe zog sie an mir vorbei, im Gegensatz zu fast allen, die hinter ihr vorbeikamen, immer noch im Laufschritt. Der Vorsprung hatte sich weiter vergrößert auf knapp 1 1/2 Minuten! Dann eine Kenianerin und als Dritte eine Amerikanerin. Diese mussten teilweise schon gehen, sich mit den Händen auf den Knien abstützen. Der Geschwindigkeitsunterschied zu Andrea war deutlich zu erkennen. Die beiden kämpften hart um die Positionen, waren nur ca. 15 Sekunden auseinander und auch danach gab es erbitterte Duelle um die nächsten Plätze.
Währenddessen strebte Andrea unaufhaltsam dem Ziel entgegen - viel zu langsam nach ihrem Eindruck - tatsächlich aber mit Abstand am schnellsten von allen auf diesem Abschnitt: Auf den letzten 10 Minuten des Rennens nahm sie der unmittelbaren Konkurrenz noch weitere 1:20 Minuten ab! Auf den letzten 400 Metern dann war auch sie selbst sicher, dass ihr der Sieg nicht mehr zu nehmen war, und sie genoss die letzten Schritte auf das höchste Plateau. Mit 2:42 min Vorsprung überlief sie die von zwei großen weißen Marmorblöcken begrenzte Ziellinie und genoss ihren 5. Weltmeistertitel im Berglauf in vollen Zügen. Sie ist damit alleine die erfolgreichste Bergläuferin aller Zeiten - bis dahin gab es noch 2 weitere Läuferinnen mit 4 Titeln. Dazu kommt noch eine weitere WM-Silbermedaille und 3 EM-Titel! Mit einem Tänzchen im Ziel und noch einmal bei der flower-ceremony feierte sie ihren Erfolg.

Fast alle freuten sich mit Andrea, auch die Konkurrentinnen, die Trainer der anderen Mannschaften und die zahlreichen Zuschauer an der Strecke und im Ziel. Die Bewunderung für Andreas großartige Leistungen und ihre Dominanz war überall groß und auf der Berglauf-Seite der Italiener wurde sie in blumiger Ausdrucksweise fassungslos und ehrfürchtig als „bulldozer austriaco“ bezeichnet (http://www.corsainmontagna.it/notizie/wmrc2014-gara-senior-donne-andrea-mayr-ancora-tu-lucy-murigi-e-allison-mclaughlin-completano-il-podio ). Auf der homepage der IAAF steht zu lesen: „Uganda may have dominated the medal table but the star of the show at the the 30th edition of the World Mountain Running Championships was Austria’s Andrea Mayr who became the first runner to clinch five world titles in the discipline.“ Tatsächlich hatte Andrea die einzige Goldmedaille für Europa in den Einzelbewerben geholt, die Siege bei den Männern (3-fach-Sieg), Junioren und Juniorinnen gingen an Uganda, Mannschaftsgold gab es für Uganda (Männer), Italien (Frauen), die Türkei (Junioren) und Deutschland (Juniorinnen). Es waren 40 Nationen am Start.

Nach der flower-ceremony folgte die Doping-Kontrolle, dann Rückkehr ins Quartier, Glückwünsche, sms, emails ohne Ende, Freude überall und ein Nachmittag so richtig zum Genießen! Auch ein ausgiebiges Bad im Meer am nahen Strand ging sich noch aus, mit direktem Blick vom Wasser auf die Berge, wo Andrea ein paar Stunden zuvor ihren Triumph gefeiert hatte! Wo kann man so etwas noch erleben? Am Abend dann die offizielle Siegerehrung auf der wunderschönen „Piazza Aranci“ in Massa. Hier bekam Andrea ihre Goldmedaille überreicht, danach Festbankett und dann haben wir mit dem Team in einer Pizzeria und später in unserem Hotel noch lange gefeiert. Das machte das frühe Aufstehen am Montag für die Heimfahrt zwar nicht leichter, aber irgendwie schafften wir es doch und waren nach 9 Stunden Autofahrt am frühen Abend wieder zurück in Gmunden. Nicht zu spät, denn Dienstag um 7 Uhr hieß es für Andrea wieder antreten zum Dienst auf der Unfallchirurgie in Vöcklabruck. (Ein kleines Radtraining am Montagabend und einen Lauf am Dienstag nach der Arbeit ließ sie sich aber trotzdem nicht nehmen. Zumindest aber lag sie Dienstag Abend schon um 9 Uhr im Bett...)