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6-Tage-Lauf in Erkrath (Deutschland) vom 29.7. bis 4.8.

Eine tolle Premiere gab es für Christian Landsteiner. Mit 528 Kilometern und sehr konstantem Tempo zeigte er seine hervorragenden Qualitäten auch auf dieser Extrem-"Distanz" und konnte den 27. Gesamtrang und den 2. Altersklassen-Platz für sich in Anspruch nehmen.

Bereits zum dritten Mal war Christian Chmel dabei. Leider war es für ihn diesmal einfach nicht der richtige Tag (bzw. die richtige Woche). Er beendete das Rennen bereits nach eineinhalb Tagen mit 182,96 Kilometern.

Der dritte teilnehmende Österreicher, Hans-Peter Burger, ist zwar kein Falscher Hase; seine beachtlichen 555 Kilometer (Rang 22) seien hier trotzdem erwähnt :-)

Sehr beachtlich ist auch die Leistung des Gesamtsiegers Wolfgang Schwerk (D), welcher 1.010 Kilometer zurücklegte und damit einen Altersklassenweltrekord (M50) über 1.000 km lief.

Links (vielen Dank an den Steppenhahn für die durchgehend aktuellen Live-Zwischenergebnisse und die obigen Statistiken):

Bericht von Christian Landsteiner

Wie es mir in Erkrath so erging:

Vor dem Start hatte der Veranstalter alle Hände voll zu tun um das Regenwasser wieder von der Strecke zu bekommen. Zum Start hatte es schließlich zum Regnen aufgehört, vorerst, und die Bahn war frei für die Läufer.

1. Tag

Die ersten Runden spulten sich locker ab. Hin und wieder hatte es doch leicht geregnet, nicht so schlimm, allerdings der Boden war noch ziemlich matschig. Erstes Highlight in Stunde 5 war das Abendessen. Die Mahlzeiten sind zeitlich fixiert und jeder Läufer freut sich ganz närrisch darauf.

Der Essensplan: 19:00 Abendessen; 0:00 Mitternachtssuppe; 07:00 Frühstück; 13 Uhr Mittagessen.

Ich konnte das Abendessen nicht genießen, plagte mich doch seit der ersten Stunde heftiger Durchfall und mußte alle paar Runden auf die Toilette. Mit der Zeit nervte das sehr und ich hatte auch Angst, daß ich mir in die Hosen mache. Schließlich habe ich aufgehört den Körper mit Essen zu drangsalieren und habe nur hin und wieder ein Soletti geknabbert und einen Schluck Cola getrunken. Um 3 Uhr morgens hatte ich schon 100km gesammelt und bis auf die Verdauung lief es ganz gut. Dann gönnte ich mir eine halbe Stunde Pause uns schon ging es weiter, eine Stunde gehen zur Abwechslung. Bis zum Frühstück bin ich dann durchgelaufen und habe auch etwas zu essen probiert, was ich besser bleiben lassen hätte sollen. Die nächste Stunde verbrachte ich auf der Toilette mit inzwischen wundem Hinterteil. Zum Mittagessen hatte ich bloß noch wie ein kleines Kind im Essen herumgstochert, inzwischen hatte auch der Magen schon zugemacht, quasi als Selbstschutz. Nur gut, dass ich mir vorher Fettreserven angelegt hatte und nun effektiv nutzen. Zum Glück läuft mein Fettstoffwechsel ausgezeichnet und ich kann ich Stunde 23 und 24 noch 19km machen, was für einen vorläufigen 4 Rang mit 175km in der Plazierung reichte.

2. Tag

Ein Tag, der mit einer fast zweistündigen Pause beginnt. Bis 23 Uhr versuche ich noch Kilometer zu machen, doch ohne Nahrungszufuhr merke ich dann doch wie die Kräfte schwinden. Ich muß eine fast 4 stündige Pause machen. Um 3 Uhr morgens stehe ich wieder auf, noch 2 Stunden bist zur Morgendämmerung, aber ich fühle mich schwach und kann fast nur noch gehen. Stunde 40, 6h morgens, 233km, plötzlich meldet sich mein Magen zurück. Hunger! Na endlich! Hurra ich freue mich schon aufs Frühstück, nachdem ich 40 Stunden lang keine Nahrung verwerten konnte, welche Erlösung! Endlich ist es 7 Uhr und ich genieße das beste Frühstück meines Lebens. Die nächsten Stunden bin ich noch recht schwach aber wenigestens muß ich nicht mehr so oft of die Toilette. Ich gehe viel und laufe wenig und schaffe es an diesem Tag noch bis km 260

3. Tag

So gegen 17 Uhr gekomme ich einen sehr heftigen Stich in der Patella Sehne und ich kann nicht mehr auftreten. So das war's wohl, das Rennen scheint für mich gelaufen. Die nächsten beiden Stunden schleppte ich mich mit 1-2 km/h über die Aschenbahn. Die stechenden Schmerzen wollten nicht aufhören und wenn ich den linken Fuß belastete war der Schwerz so stark, dass die Beinmuskeln schutzreflexartig losließen und ich fast bei jedem Schritt hinfiel. In mein Kopf drehten sich die Rädchen und ich suchte krampfhaft nach einer Lösung des Problems. Schließlich fand ich eine Art Pferdegalopp in dem ich mehr oder weniger auf einem Bein über die Bahn hüpfte. So konnte ich immerhin 3,6 km/h erreichen. Nach einer Weile kam die Rennleitung auf mich zu teilte mir mit, wenn ich so weitermache, werde ich noch viel schlimmere Problem bekommen, und da hatten sie wohl Recht. Ans Aufgeben dachte ich noch nicht, ich mußte ja bloß einen Marathon pro Tag schaffen. Die Ziele werden umdefiniert, Top Platzierung kann jetzt abgehakt werden, nun zählt nur noch ein täglicher Marathon und finishen. Unter andern Umständen hätte das Ziel wohl gelautet 6 Wochen Physiotherapie und ärztliche Behandlung. Soviel Zeit hatte ich nicht, bloß 7 Stunden bis zum nächsten Tag, dann tickte die Uhr wieder für den Marathon. Eine Turbo Regeneration und Heilung war dringest angesagt, wenn auch etwas unrealistisch. Also verschwinde ich für die nächsten 9 Stunden im Zelt und warte auf ein Wunder. Traumel und Voltaren Salbe am Knie sollen da etwas nachhelfen. Im Schlafsack fühle ich mich wie in ein nasses Handtuch gewickelt. Die Nacht ist kalt und feucht. 5 Schichten habe ich angelegt und mich friert noch immer. Der Schlafsack, inwischen 20 Jahre alt, hat wohl ausgedient und ist technolgisch längst über holt, Baumwolle! Schlafen konnte ich kaum wegen der Kälte und viel lieber hätte ich mich draußen warm gelaufen. Diese Nacht sollte mir noch eine kräftige Erkältung einbringen.

Endlich wird es draußen hell und rein in die Laufschuhe, ab auf die Bahn. Was macht das Knie? Das ist deutlich besser, aber Laufschritte wage ich vorest nicht. Mal schaun ob ich den Marathon auch gehend schaffen kann. Periodisch kommt zwar das heftige Stechen in der Patella Sehne, aber die Sehne scheint nicht zu reißen, auch wenn es sich so anfühlt. Zwischen habe ich auch gelernt darauf zu reagieren und ich bin nicht gestürzt, obwohl es oft so aussah. Von Zeit zu Zeit streue ich Laufschritte ein, bis ich wieder vom heftigen Stechen gestoppt werde. Dieser Marathon sollte der schwierigste meines Lebens werden. Ich hätte nie gedacht, daß ich einmal für einen Marathon über 23h benötigen würde. Mit 45km geleisteten Kilometern schließe ich den Tag bei km 307 ab.

4. Tag

Die Hälfte ist geschafft und ich auch. Inzwischen kenne ich jedes Sandkorn auf der Strecke und etwas Routine ist eingekehrt. Auch habe ich gelernt, daß eine Verletzung noch nicht zwingend das Ende bedeutet und mit den Stichen in der Kniesehne habe ich mich arrangiert und habe das Knie nun wieder im Griff. Wahrscheinlich durch das Gehen und den Schonschritt habe ich mir nun am gleichen Bein ein Shin Splint Syndrom (Knochenhautentzündung am Schienbein) eingehandelt. In diesen Tagen breitet sich diesen Syndrom wie ein hochansteckende Krankheit aus. Man sieht viele mit Tapes herumlaufen und es werden noch mehr werden. Manfred hat viel Erfahrung mit diesem Leiden und hat so ziemlich den Läufer beim Deutschland Lauf getapt und so auch mich in Erkrath. Anfangs fühlt es sich zwar etwas komisch an mit diesem Tape herumzulaufen, dann spürt man es aber kaum noch und die entzündete Stelle ist sehr gut entlastet. Laut Manfred kann man damit den Shin Splint noch während des Laufes ausheilen. Die Meinungen gehen da auseinander, ich habe alle getapten befragt und es half ihnen, und so sollte es auch bei mir sein. Schon leicht teil-invalide lief ich einen guten Tag und machte 2 Marathons voll +84km. Zwischenstand: 391km

5. Tag

Nun beginnen Schnupfen, Husten und Halsschmerzen mich immer mehr in Besitz zu nehmen. Ich kannte das gar nicht mehr. Muß wohl schon Jahre her sein seit meiner letzten Erkältung. Die lange dritte Nacht im kalten Schlafsack haben dem angeschlagenen Immunsystem wohl den Rest gegeben. Nun fühle ich mich richtig krank, so richtig grippig. Hilft ja nichts, ich muß weiter und es ist ja nicht mehr so weit bis zum Finish. Das schaffe ich schon! Es sind halt inzwischen recht viele Probleme, die ich da eingesammelt habe und die mich beschäftigt halten. Über Blasen, wundgescheuerte Stellen oder andere Kleinigkeiten redet der Ultraläufer sowieso nicht, so was gehört einfach zu diesem wunderbaren Sport. Um die Lust am Laufen nicht zu verlieren, lege ich ein bis zweimal am Tag eine "happy hour" ein mit ca. 8-9 km/h - das machte vielleicht Spaß, verursachte allerdings Stirnrunzeln bei meinen Laufkollegen. Wenn ich dann wieder mal über die Aschenbahn fege, dann wissen alle, ah der Christian hat wieder mal eine "happy hour". Es gab da auch den schnellen Björn, der die km in Erkrath allesamt als 6-tägiges Intervall Training abgespult hat, sehr zur Verwunderung aller. Jeder hat halt so seinen eigenen Stil. 6 Tage nonstop Intervalltraining kann ich mir für mich selbst allerings nicht vorstellen. Mit einer Tagesleistung von 71km erhöhe ich auf 462km und weiß, daß ich nun auch die 500km knacken werde.

6. Tag

Letzter Tag, noch ein Marathon und ich bin ein Finisher. Es ist klar, daß an diesem Tag kein Läufer mehr aufgeben wird, egal welche Schwiergkeiten auch warteten. Eine unglaubliche Kreativität zur Problemlösung wird von den Läufern eintwickelt. Verbände mit eingebauten Kühlssystemen, bunte Tapes in allen Varianten und kunstvoll zur Sandale schnitzte Laufschuhe waren zu bewundern. Den absoluten Clou hatte aber Friedemann mit seiner Vorfußheber Konstruktion gelandet. Das muß man gesehen haben! Sieht aus wie an die Wande geschraubte Steigbügel. Gezwirbelte Tapes, die über die Vorfußschuhsohle geführt werden und dann schließlich in ein breites Tape um die Wade mündeten, an beiden Beinen. Man muß sich nur zu helfen wissen, Friedemann hatte ganz arg Shin Splint Syndrom and beiden Schienbeinen und damit konnte er wieder Laufen, unglaublich! Für meinen Teil habe ich beschlossen mich etwas zu schonen, wegen der Halsschmerzen kann ich kaum noch schlucken und leichtes Fieber kam noch hinzu. Schließlich muß ich ja noch 1000km nach Hause fahren und Montags wieder arbeiten. Also habe ich gut dosiert noch km gemacht. Um 3.30 morgens hatte ich dann meinen Marathon zusammen und zugleich meine 505km. Dies bedeutete ich habe gefinished und täglich genau 2 Marathon zurückgelegt. Jippie! Alles weitere ist nur noch ein Bonus. Jetzt war es Zeit meinen Hals zu behandeln, ein Tequila sollte das erledigen. Etwas anderes stand mir nicht zur Verfügung. Mit einer Erkältung hatte ich nicht gerechnet. Und nun ab ich die Falle, 2 Stunden geschlafen und dann mit der aufgehenden Sonne wieder aufgestanden. Der Rest des Tages war quasi nur noch ein Fest. Am späten Vormittag habe ich mich nochmal hingelegt um für das Finish fit zu sein, ausgiebig geduscht, lecker gegessen und dann auf der Laufstrecke die letzten Stunden genossen. Die letzten Runden bin ich wieder gelaufen, obwohl ich nicht mehr so recht konnte, aber die anderen haben mich einfach mitgerissen. Schließlich ging der Lauf für mich irgendwie unerwartet zu Ende, ja war sogar etwas enttäuscht, daß es jetzt schon zu Ende war. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen nicht mehr zu Laufen. Eine Art Läufer Pensionsschock. Zwar war ich mit meiner Leistung von 528km sehr zufrieden, aber so richtig freuen konnte ich mich im Ziel auch nicht. Es war schon eine große Umstellung, schließlich hatte ich ja 6 Tage lang nichts anderes gemacht. Nochmals Duschen und dann etwas hektisch die Taschen packen, Zelt abbauen, schließlich wollte ich nicht noch eine Nacht im kalten Zelt verbringen, nicht mit der Erkältung. Ich denke, das hätte ich dann nicht mehr gepackt und die nächsten Tage krank in Erkrath verbringen müssen. Bald nach der Siegerehrung bin ich dann los.

Schlusskommentar:

Auch wenn es in meinen Schilderungen vielleicht nicht so durchgekommen ist, hatte ich jede Menge Spaß diese 6-Tage und auch sehr viel gelernt. Nicht zuletzt durch die vielen wertvollen Gespräche mit meinen Läuferkollegen. Wolfgang Schwerk hat mich durch seine Bescheidenheit und Klugheit beeindruckt, absolut zugänglich und keine Spur von Arroganz trotz seiner absoluten Weltklasse. Er ist einer von fünf Läufern auf dieser Welt, die die 1000km in 6-Tagen überschritten haben. Da gäbe es noch sehr viel zu berichten. Ungewöhnlich war, daß trotz aller Widrigkeiten stets viel gelacht und gescherzt wurde. Eine absolut positive Lebenseinstellung scheint eine der wichtigsten Eigenschaft eines Ultraläufers zu sein. Der Erkrath 6-Tage Bahnlauf war es eine absolut perfekt organisierte Verantstaltung. Ich hoffe Siggi macht sich wieder die Mühe und organisiert für 2009 einen weiteren 6-Tage Lauf. Hoffentlich ist auch wieder Steppenhahn mit von der Partie und liefert stündliche Zwischenergebnisse, ein Highlight für Läufer und Internetuser.